Dristis
DRISHTI – BLICKRICHTUNG
Der Begriff Drishti stammt aus dem Sanskrit und bedeutet „Blick“ oder „Sehen“.
Im Yoga geht es dabei nicht nur um den physischen Blick, sondern um die Ausrichtung der Aufmerksamkeit.
Ein Drishti ist eine bewusste Blickrichtung, die während der Asana-Praxis gehalten wird.
In der äußeren Form lenkt sie die Augen, in der inneren Praxis fokussiert sie den Geist.
Drishti schafft Verbindung zwischen Körper, Atem und Bewusstsein – sie führt nach innen, zu Klarheit und Konzentration.
Im Ashtanga Yoga sind die Drishtis fester Bestandteil jeder Haltung.
Jede Asana hat ihren eigenen, genau bestimmten Blickpunkt.
So wird die Aufmerksamkeit gebündelt, der Geist bleibt wach, und der Blick wird zum Spiegel der inneren Ausrichtung.
Die neun traditionellen Dristis
- Nasagra Dristi – Blick zur Nasenspitze
- Broomadhya Dristi – Blick zum Punkt zwischen den Augenbrauen
- Nabhi Dristi – Blick zum Nabel
- Hastagra Dristi – Blick zur Hand
- Padhagra Dristi – Blick zum Fuß oder zu den Zehen
- Parshva Dristi – Blick über die rechte Schulter
- Parshva Dristi (links) – Blick über die linke Schulter
- Angustha Ma Dyai Dristi – Blick zu den Daumen (z. B. in Urdhva Hastasana)
- Urdhva Dristi – Blick nach oben, zum Himmel
Jede Blickrichtung ist mehr als eine optische Ausrichtung – sie ist eine energetische Lenkung.
Der Blick ruht – und mit ihm kommt der Geist zur Ruhe.
Wirkung der Dristis
- Konzentration: Der Blick sammelt den Geist und verhindert Ablenkung.
- Balance: Durch die Fokussierung entsteht Stabilität – körperlich und mental.
- Energiefluss: Dristi lenkt das Prana im Körper und verfeinert die Wahrnehmung.
- Innere Ausrichtung: Der äußere Fokus führt nach innen – zu Präsenz und Achtsamkeit.
- Äußere Ausrichtung: Die Blickrichtung bestimmt instinktiv die Nackenhaltung. D.h. durch den Dristi bewirkst du Veränderungen in der Hals- und Brustwirbelsäule.
- Augentraining: Nah- und Fernsicht werden angesprochen, sowie das Drehen der Augen bis in den Augenwinkel: rechts und links im Wechsel oder zur Gesichtsmitte hin oder Stirn hoch.
Drishti ist damit Meditation in Bewegung.
Es ist der Moment, in dem der Blick still wird – und das Sehen von außen nach innen wandert.
Fazit
Drishtis sind Tore der Achtsamkeit.
Sie lehren uns, nicht nur zu sehen, sondern zu blicken – bewusst, gesammelt, zentriert.
Durch den Blick wird die Bewegung klarer, der Atem ruhiger und der Geist stiller.
So entsteht Yoga: Einheit von Körper, Atem und Bewusstsein – im Fokus des Augenblicks.
