Bandhas
Bandhas – Energieverschlüsse
Bandhas sind ein zentrales, aber oft weniger verstandenes Element der Yogapraxis. Der Begriff Bandha stammt aus dem Sanskrit und bedeutet „Verschluss“, „Bindung“ oder „Festhalten“. In der Yogatradition bezieht sich dies auf das gezielte Aktivieren bestimmter Muskelgruppen, um die Lebensenergie (Prana) zu lenken und im Körper zu halten.
Während der Sonnengruß die äußere, dynamische Bewegung betont, richten die Bandhas die Aufmerksamkeit nach innen – auf subtile, energetische Prozesse. Sie sind in vielen Yoga-Richtungen fester Bestandteil der Praxis, insbesondere im Ashtanga Yoga, Hatha Yoga und Kundalini Yoga.
Die Anwendung der Bandhas vertieft nicht nur die Körperhaltung (Asana) und die Atemlenkung (Pranayama), sondern führt auch zu mehr innerer Stabilität, Konzentration und Energiefluss.
DIE 3 HAUPTBANDHAS
Im Yoga werden traditionell drei Haupt-Bandhas beschrieben, die gemeinsam das energetische System des Körpers regulieren:
1. Mula Bandha – der Wurzelverschluss
Mula bedeutet „Wurzel“. Dieses Bandha wird im Beckenboden aktiviert.
Durch das sanfte Anspannen und Heben der Beckenbodenmuskulatur wird die aufsteigende Energie stabilisiert und gesammelt.
Mula Bandha schenkt Erdung, Zentrierung und ein Gefühl innerer Stärke. Es wirkt sich positiv auf Haltung in Form von Aufrichtung und Länge der Wirbelsäule, das Anheben der Beckenorgane und den Energiefluss entlang der Wirbelsäule aus.
2. Uddiyana Bandha – der nach oben fliegende Verschluss
Uddiyana bedeutet „emporsteigen“.
Dieses Bandha wird im unteren Bauchraum ausgeführt, indem die Bauchdecke nach innen und oben gezogen wird. Dafür nutzt du etwa ein Drittel deiner Kraft.
Dadurch entsteht ein leichter Unterdruck, der die Energie vom Unterleib nach oben leitet – Richtung Herz- und Kopfzentrum.
Uddiyana Bandha regt Verdauung, Durchblutung und das Zwerchfell an. Es steht für Leichtigkeit, Aufrichtung und energetische Transformation.
Beim tiefen Atmen öffnet und weitet Uddiyana Bandha den Brustkorb. Die tiefe Atmung ist dann weder eine Bauch- noch eine Brustkorbatmung, sondern eine Mischform.
3. Jalandhara Bandha – der Kehlverschluss
Jalandhara bedeutet „Netzhalter“ und bezieht sich auf den Bereich des Halses.
Dieses Bandha entsteht, wenn das Kinn in Richtung Brustbein gesenkt wird.
Es reguliert den Energiefluss zwischen Herz und Kopf, harmonisiert das Nervensystem und schützt während der Atemübungen (Pranayama) den sensiblen Bereich des Herzens und Gehirns.
MAHA BANDHA
Wenn alle drei Energieverschlüsse gleichzeitig aktiviert werden, spricht man vom Maha Bandha, dem „großen Verschluss“.
Diese Technik wird meist in der fortgeschrittenen Atem- und Meditationspraxis angewendet und verbindet Stabilität, Aufrichtung und innere Sammlung auf höchster Ebene.
Maha Bandha fördert Bewusstheit, Konzentration und den harmonischen Fluss der Lebensenergie im gesamten Körper.
Die Wirkung
Die regelmäßige Praxis der Bandhas bringt zahlreiche körperliche und energetische Vorteile:
- Energiefluss: Prana wird gelenkt und stabilisiert.
- Körperbewusstsein: Mehr Kontrolle über tiefliegende Muskelstrukturen.
- Atembewusstsein: Vertiefung und Verlängerung des Atems.
- Zentrierung: Innere Balance und mentale Klarheit.
- Leichtigkeit in Asanas: Bessere Aufrichtung und Stabilität, besonders in Balancehaltungen und Umkehrhaltungen.
Bandhas sind damit keine rein körperlichen Techniken – sie verbinden Körper, Atem und Bewusstsein.
Sie lehren, dass wahre Kraft aus der Mitte entsteht, nicht aus Anspannung, sondern aus bewusster Sammlung
Fazit
Bandhas sind unsichtbare, aber kraftvolle Werkzeuge im Yoga.
Sie leiten die Energie von außen nach innen, von der Bewegung zur Stille, von der Form zur Essenz.
Ob in der Asana-Praxis, im Pranayama oder in der Meditation – die Energieverschlüsse sind Schlüssel zu mehr Präsenz, Leichtigkeit und innerer Stärke.
