YOGA-WISSEN
Kumbhaka
Kumbhaka heißt übersetzt „das Gefäß“ oder „der Topf“ und bezeichnet die Technik des Luftanhaltens. Mit dem Gefäß ist die Lunge gemeint, die gefüllt, halbgefüllt oder leer sein kann.
Kumbhaka, die Atempause ist unglaublich vielfältig und wird in zahlreichen Pranayamas zur Intensivierung der Wirkung hinzugenommen. Es gehört auf jeden Fall zu den sehr fortgeschrittenen Elementen des Pranayama und sollte nie übertrieben werden, da es ansonsten eher schadet, als deine Gesundheit fördert.
Es gibt 2 Arten von Kumbhaka im Pranayama:
- Die Atempause nach der Einatmung = Antara Kumbhaka = gefülltes Gefäß
- Die Atempause nach dem Ausatmen = Bahya Kumbhaka = entleertes Gefäß
Beide, Antara und Bahya werden dem Sahita Kumbhaka, der willentlich eingenommenen Atempause zugeordnet. Daneben wird in den alten Texten auch Kevala Kumbhaka beschrieben, eine spontane Atempause, die mit der Erleuchtung, Samadhi einhergeht.
Die Technik
- Du sitzt aufrecht im Lotus- oder Schneidersitz.
- Die Augen sind geschlossen.
- In der Regel werden Mula und Uddiyana Bandha gehalten.
- Du bist mit dem ausgewählten Pranayama bereits vertraut und beherrschst es, die Länge der Einatmung in eine festgelegte Relation (Ratio) zur Ausatmung zu bringen und kannst dies mühelos über 15 bis 20 Atemrunden ausführen.
- Diese vorhergehenden Schritte solltest du über mehrere Monate täglich praktizieren. Erst dann ist es gesund und sinnvoll die Atempausen hinzuzufügen.
Ansonsten geht es nur um oberflächliches, ehrgeiziges Atemanhalten und schadet dir mehr, als es dich auf deinem Yogaweg unterstützt. Den ersten Schritt der Atemverhaltung kannst du im Ujjayi-Pranayama, später mit Nadi Shodhana erlernen.
Die Glottis wird dabei verengt, so dass keine Luft mehr einströmen oder entweichen kann. Da dieser Verschluss im Rachen den Atemfluss stoppt, können sich das Zwerchfell und die Atemhilfsmuskulatur sowie die Bauchdecke, je nach Bedarf des gerade praktizierten Pranayamas, entspannen.
Zuerst erlernt man Kumbhaka nach einer vollen Einatmung. Dies ist uns vertrauter und fällt den meisten Übenden deutlich leichter als das Anhalten der Luft nach dem Ausatmen.
Starte mit der Ujjayi-Atemtechnik in der Ratio 1:1, d.h. gleichlanges Ein- und Ausatmen. Z.B. zählst du innerlich auf 4 beim Einatmen und auf 4 beim Ausatmen. Oder wenn dein Atem kürzer, bzw. länger ausfällt entsprechend gleichlang bei beiden Atemrichtungen.
Dies behältst du 12-20 Atemzüge bei. Wenn du dies völlig entspannt und mühelos über alle Atemzüge hinweg ausführen kannst, hast du das richtige Maß gefunden.
Dann kannst du im Anschluss Kumbhaka hinzufügen. In der Ratio 2:1:2, also auf 4 Einatmen, dann auf 2 pausieren und auf 4 Ausatmen. Oder entsprechend länger, aber in der gleichen Ratio, wie z.B. „6 ein: 3 Pause: 6 aus“. Nach 12 bis 20 Atemzügen solltest du dich wiederum unangestrengt fühlen und diese Relation die gesamten Atemzüge hinweg mühelos beibehalten können.
Anwendungsbereiche und Ausführung
Die Integration von Atempausen kann bei unglaublich vielen verschiedenen Pranayamas erfolgen.
Hier nur einige Beispiele:
- Ujjayi-Pranayama
- Viloma-Pranayama
- Nadi Shodhana
- Surya Bheda
- Chandra Bheda
- Kappalabhati
- Brahmari
Die Ausführung und Intensivierung des Atemstopps kann je nach Pranayama sehr unterschiedlich sein.
Psychische und energetische Wirkung
Grundsätzlich kann man sagen, dass Kumbhaka die Wirkung, die das jeweils praktizierte Pranayama hat, intensiviert.
Die Gemeinsamkeit aller Kumbhakas ist das Ruhigwerden der Gedanken und Emotionen, generell der Vrittis (aller Bewegungen) in unserem Bewusstsein, so dass du zeitweise in einen Zustand von tiefer Versenkung gelangst.
Während der Atempause in Kumbhaka wird Prana im Körper absorbiert und an die Stellen des Körpers geführt, die der Energie besonders bedürfen.
Gegenanzeigen
Beginne mit Kumbhaka ausschließlich in Begleitung einer erfahrenen Lehrerin, eines erfahrenen Lehrers.
Nur wenn Atempausen langsam, systematisch und jederzeit in einer absolut angenehmen Intensität praktiziert werden, stellen sich die positiven Wirkungen ein.
Zu schnelles, unangemessenes oder ehrgeiziges Fortschreiten dagegen kann dem Körper sehr schaden.
Die Gegenanzeigen, die den einzelnen Pranayamas zugeschrieben werden, gelten genauso und intensiver, wenn dieses mit Kumbhaka ausgeführt wird.
Wann sollte man Kumbhaka praktizieren?
Wann du Kumbhakas praktizierst, hängt vom jeweiligen Pranayama ab, das du üben willst.
Integrierst du das Kumbhaka in ein beruhigendes Pranayama, wie z.B. Ujjyai-Pranayama, dann kannst du die Atempausen jederzeit ausführen.
Hingegen solltest du Atempausen bei Nauli oder Kappalabhati nur in der ersten Tageshälfte üben, da es eine sehr stark anregende Wirkung hat.
Grundsätzlich ist eine Pranayama-Praxis nach der Asanapraxis und vor der Meditation ideal.
Optimal wirkt Pranayama mit und ohne Kumbhaka am Morgen und am besten immer zur selben Zeit.
