YOGA-WISSEN
Kapalabhati
Diese Technik, die übersetzt der „scheinende Schädel“ heißt, gehört nicht zu den Pranayamas sondern zu den Kriyas, den Reinigungstechniken. Wird es mit langen Atempausen geübt, zählen es manche Yogarichtungen auch zum Pranayama. Gregor Maehle empfiehlt zuerst das Kapalabhati zu erlernen und danach die schwereren Pranayamas.
Wann sollte man es praktizieren?
Am besten morgens, wenn der Magen leer ist oder mindestens 4 Stunden nach einer Mahlzeit. Am späteren Abend zu praktizieren wird nicht empfohlen, da es die Energie sehr stark anhebt und es dann sehr schwer sein könnte, einzuschlafen.
Grundsätzlich stellt man die Kapalabhati-Praxis zwischen die Asana-Praxis und andere Pranayamas als ideale Vorbereitung für anspruchsvolle Pranayamas, die einen klaren, wachen also sattvischen Geist benötigen.
Ausführung
Kapalabhati sollte mit einem Lehrer, einer Lehrerin erlernt werden, da sich hier zahlreiche Fehler einschleichen können.
Hier ist Padmasana, der Lotussitz, der Stabilität wegen, fast ein Muss.
Der Brustkorb ist gehoben und dennoch entspannt und bewegt sich nicht. Ebenso verhält es sich mit dem Kopf und den Schultern: trotz der intensiven Kontraktion des Unterbauches bleibt der Oberkörper ruhig und aufgerichtet.
Im Kapalabhati ist die Ausatmung forciert und aktiv, während der Einatem passiv „geschieht“. Der Einatem ist hierbei deutlich länger als die Ausatmung. Es kann ein Verhältnis von 4:1 entstehen. Bei normalem Atem liegt dieses eher bei 1:2.
Beide Atemrichtungen werden durch die Nase ausgeführt.
Dabei schnaubt man sehr zügig den Ausatem durch die Nase. So als ob man einen Fusel wegschnauben wollte. Der Unterbauch kontrahiert dabei, ähnlich wie bei leichtem Hüsteln.
Ausschließlich der Unterbauch bewegt sich, indem er kraftvoll gegen die Wirbelsäule gezogen wird, nie die unteren Rippen! Dabei wird der gesamte Ausatem wie mit einem Hieb ausgestoßen. Und jeder Zug sollte so kräftig wie möglich ausgeführt werden. Dafür empfehlen sich anfangs größere Abstände zwischen den „Hieben“.
Der Einatem geschieht passiv und gleicht ebenfalls der Bauchbewegung nach dem Husten: die Bauchdecke ist dabei ganz entspannt. Nach dem aktiven Ausatem folgt also ein passiver Einatem, da durch das schnelle, gründliche und tiefe Ausatmen eine Art Vakuum entsteht. Dadurch saugen die Lungen automatisch passiv die Luft ein ohne dass man aktiv einatmet. Dieser Aspekt ist äußerst wichtig und wird häufig falsch gemacht.
Aus meiner Erfahrung fällt diese Passivität vielen Schülerinnen und Schülern sehr schwer, weil sie nicht daran gewöhnt sind und sollte gründlich erlernt werden, bevor die Intensität gesteigert wird. Mula bandha wird fast automatisch erzeugt, weil das kräftige Hereinziehen des Unterbauches, das uḍḍīyāna bandha in einer aktiven Form darstellt und das mūla bandha mit auslöst.
Zu Beginn der Kapalabhati-Atempraxis nimmt man etwa 30 Atemausstöße pro Minute und lässt eine Pause mit normaler oder Ujjayi Atmung folgen. Je erfahrener die/ der Praktizierende ist, desto höher und schneller wird die Anzahl der Atemausstöße: sie steigern sich über Monate auf circa 100 und werden dann von Kumbhakas, den Atempausen, abgelöst. Dies wiederholt man noch zweimal.
Kapalabhati kann über Jahre hinweg zunehmend verfeinert werden und sollte ebenfalls von erfahrenen Lehrern begleitet werden.
Die Wirkung
Wie der Name „der scheinende Schädel“ bereits sagt,
- es klärt den Kopf und kann bei aufkommenden Kopfschmerzen das Blatt noch mal wenden, bei
- Trägheit und Müdigkeit wirkt es anregend. Aus yogisch-ayurvedischer Sicht liegt das daran, dass Kapalabhati das träge Element Kapha reduziert, welches auch die Gewichtszunahme bewirkt.
- erhöht Agni, aber auch Pitta
- günstig bei feuchtem, kaltem Wetter
- Die starke Massage durch die hiebartigen Kontraktionen des Bauches verbessert die Funktionen der gesamten Bauchorgane, so dass
- Fettleibigkeit,
- Blähungen,
- Übersäuerung,
- Verstopfung,
- Diabetes und Ungleichgewicht des Blutzuckers wird reguliert
- Positive Wirkung auf die Zirkulation der Lymphflüssigkeit
- Die Lungen und Bronchien werden gereinigt, ihre Funktionen verbessern sich und Kapalabhati hilft bei
- Asthma,
- Emphysemen
- Bronchitis und
- Tuberkulose,
- Kapalabhati erweckt die Cakras
- Hilft bei Depression
Gegenanzeigen
Gerade weil Kapalabhati eine dermaßen intensive Wirkung hat, sollte man bei folgenden Beschwerden kein Kapalabhati üben:
- Bluthochdruck
- Herzerkrankungen
- Nasenbluten
- Menstruation
- Uteruserkrankungen
- Brüchen
- Starken Rückenschmerzen
- Schwangerschaft
- Schwindelgefühl
- Netzhautproblemen
- Lungenentzündung
- Akuter Bronchitis
- bei bereits erhöhtem Pitta hinterher kühlende Prāṇāyāmas wie Chandra Bheda oder Sitali, Sitkari ausführen
- Schlafqualität verschlechtert sich bei hohem Pitta
- Achtung bei großer Hitze im Sommer
